Pressemeldungen

01.03.2011

Betäubungsmittelrecht: Bessere Schmerztherapie in Pflegeheimen ermöglichen / Patientenschutzorganisation stellt eigene Gesetzesvorschläge vor

Berlin. „Die Regeln des Betäubungsmittelrechtes müssen so geändert werden, dass sie Pflegebedürftige, ihre Pflegekräfte und Ärzte nicht kriminalisieren. Die geplante Änderung der Bundesregierung reicht nicht aus“, erklärte der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch. Auf einer Pressekonferenz stellten die Patientenschützer ihre eigenen Gesetzesvorschläge zu diesem Thema vor. Darin fordern sie eine Erlaubnis für Pflegeheime, Notfallvorräte an hochwirksamen Schmerzmitteln anlegen zu dürfen. Außerdem sprechen sie sich dafür aus, dass ambulante Palliativteams mit ihren Ärzten ihren Patienten einen Notfallvorrat aushändigen dürfen, der ihre Schmerzen für wenigstens 24 Stunden lindert.

Hintergrund ist eine geplante Änderung der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung. Union und FDP wollen Hospizen erlauben, Notfallvorräte an starken Schmerzmitteln wie Morphium in der eigenen Einrichtung anzulegen. Bislang ist das nicht zulässig. Die Neuerung soll sicherstellen, dass für die 23.000 Schwerstkranken in Hospizen zu jeder Tages- und Nachtzeit schmerzlindernde Mittel zur Verfügung stehen. Das große Problem: Für palliative Schmerzpatienten in Pflegeheimen – mindestens 300.000 Betroffene – soll es eine solche Lösung nicht geben. „Wenn ein Pflegeheim-Bewohner ein hochwirksames Schmerzmittel braucht, dann muss dieses in einer Apotheke besorgt werden. Das kann mehrere Stunden dauern. Eine unerträgliche Situation“, sagte Brysch. Auch in Pflegeheimen gibt es hochqualifizierte Pflegekräfte, die die Schmerzmittel verabreichen und eine palliative Therapie begleiten können. „Wir haben kompetente Kräfte in deutschen Pflegeheimen, die die gleiche Qualifikation wie Hospiz-Mitarbeiter haben, diese aber nicht anwenden können“, mahnt Brysch. Bisher ist die Schmerzbekämpfung in deutschen Pflegeheimen mangelhaft.

Auch für die 12.000 Schwerstkranken, die von ambulanten Palliativteams zu Hause versorgt werden, wird sich durch die Änderung des Betäubungsmittelrechts wenig verbessern. Zwar sollen die Teams Notvorräte an hochwirksamen Schmerzmitteln in ihren eigenen Einrichtungen anlegen können. Sie dürfen aber dem Patienten pro Besuch nur so viel aushändigen, wie er für den sofortigen Verbrauch benötigt. Schwierig wird diese Regelung, wenn der Patient plötzlich starke Schmerzen bekommt. In einem solchen Fall müsste er – auch nach der neuen Regel – auf das Eintreffen des Palliativ-Teams zu Hause warten. Das Einlösen eines Rezeptes in einer Apotheke ist in einer solchen Situation auch keine Lösung. „Viele Schwerstkranke müssen deshalb stundenlange Schmerzen erdulden, bevor sie ihre Medizin erhalten“, sagte Brysch. Hier wäre es sinnvoll, wenn das Palliativ-Team dem Patienten einen Vorrat für die kommenden 24 Stunden aushändigen dürfte.

Mit den Gesetzesvorschlägen wenden sich die Patientenschützer der Schwerstkranken und Sterbenden direkt an die Bundestagsfraktionen. „Es muss eine Koalition der Vernünftigen geben, denn niemand kann Interesse daran haben, dass es hunderttausende Schmerzpatienten gibt, die vernachlässigt werden, nur weil die rechtlichen Normen nicht an ihren Bedürfnissen ausgerichtet sind“, forderte Brysch.
Die Änderungsvorschläge sind hier abrufbar.

Hintergrund

Die gemeinnützige und unabhängige Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung ist die Sprecherin der Schwerstkranken und Sterbenden. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen von über 55.000 Mitgliedern und Förderern und unterhält das bundesweit einzigartige Patientenschutztelefon sowie die Schiedsstelle Patientenverfügung.