Pressemeldungen

26.06.2008

Deutsche Hospiz Stiftung: Selbstbestimmung und Fürsorgepflicht nicht gegeneinander ausspielen

Berlin. „Laut Verfassung hat der Mensch Anspruch auf Selbstbestimmung und staatliche Fürsorge. Diesem Anspruch der Verfassung wird der Antrag um Stünker nicht gerecht“, erklärt der Geschäftsführende Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch. Heute debattiert der Bundestag erstmals über eine gesetzliche Regelung zu Patientenverfügungen. Gegenstand der Beratung ist der Entwurf um die Gruppe des Abgeordneten Joachim Stünker (SPD). Dieser konzentriert sich vorrangig auf einen der beiden Aspekte – nämlich auf die Selbstbestimmung. Wenn es nach Stünker geht, sollen Patientenverfügungen in jeder Krankheitssituation verbindlich sein. Unabhängig davon, ob das Leiden bereits einen irreversibel tödlichen Verlauf genommen hat. Es ist durchaus richtig, die Entscheidung eines jeden Einzelnen über seine vorausverfügten Behandlungswünsche anzuerkennen. „Der Stünker-Entwurf aber vergisst: Eine Patientenverfügung kann nur Ausdruck echter Selbstbestimmung sein, wenn der Verfügende informiert und aufgeklärt wurde“, mahnt Brysch.

Ohne Beratung geht es nicht

Die tägliche Erfahrung der Deutschen Hospiz Stiftung zeigt, dass Menschen mit dem Verfassen einer Patientenverfügung überfordert und ohne fachkundige Beratung hilflos sind. „Eine Verankerung der fachkundigen Beratung als Wirksamkeitsvoraussetzung wäre der geeignete Weg, die Achtung des Selbstbestimmungsrechts und die staatliche Fürsorgepflicht für das Leben miteinander in Einklang zu bringen“, betont Brysch. Auf diese Weise nimmt man auch denjenigen den Wind aus den Segeln, die glauben, staatliche Fürsorge sei nur durch eine Reichweitenbeschränkung zu erreichen. Zusätzlich kann man auch denen entgegentreten, die gar keine Regelung einer schlechten vorziehen würden. „Diesen Fehler darf der Bundestag nicht machen. Er entzöge sich nicht nur seiner Verantwortung, sondern ließe die Bürger mit ihrem klaren Wunsch nach einer rechtlichen Klärung im Regen stehen“, erläutert Brysch. Schließlich entschied der Bundesgerichtshof in den Jahren 2003 und 2005 in puncto Vormundschaftsgericht und Reichweite unterschiedlich.

Stünker-Entwurf behandelt mutmaßlichen Willen nur oberflächlich

Ferner darf in der Debatte um ein Patientenverfügungsgesetz nicht vergessen werden, dass viele Menschen auch nach einer gesetzlichen Regelung zunächst keine oder keine praxistaugliche Patientenverfügung haben werden. Deshalb bleibt die Ermittlung des mutmaßlichen Willens auch weiterhin wichtig. „Der Stünker-Entwurf ist hier nur oberflächlich“, betont Brysch. Unzureichende Kriterien zur Ermittlung des mutmaßlichen Willens werden so zum Einfallstor für Fremdbestimmung. Auch überlässt der Stünker-Entwurf die Auslegung der Patientenverfügung und die Ermittlung des mutmaßlichen Willens allein dem Betreuer, bzw. Bevollmächtigten. „Wie praxisfern der Stünker-Entwurf ist, erkennt man daran, dass bei Fehlen eines Bevollmächtigten grundsätzlich das Vormundschaftsgericht anzurufen ist und der Arzt bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens nur noch ausführendes Organ ist“, verdeutlicht Brysch.

Eine ausführliche Stellungnahme zu den Entwürfen um Stünker und Bosbach ist auf der Homepage der Deutschen Hospiz Stiftung unter http://www.hospize.de/docs/stellungnahmen/38.pdf und http://www.hospize.de/docs/stellungnahme_bosbach.pdf abrufbar.

Hintergrund

Die gemeinnützige und unabhängige Deutsche Hospiz Stiftung ist die Patientenschutzorganisation der Schwerstkranken und Sterbenden. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen von über 55.000 Mitgliedern und Förderern. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen DZI hat der Stiftung sein Spendensiegel verliehen, das Markenzeichen seriöser Spenden sammelnder Organisationen. Schirmherrin der Stiftung ist die Schauspielerin Uschi Glas.