Pressemeldungen

04.03.2009

Deutsche Hospiz Stiftung: Wir brauchen den politischen Willen für ein Patientenverfügungsgesetz

Berlin. „Die Anhörung im Rechtsauschuss zeigt, dass alle Argumente auf dem Tisch liegen. Es gibt beim Thema Patientenverfügungsgesetz kein Erkenntnisproblem. Nun müssen Entscheidungen fallen. Wir brauchen jetzt den politischen Gestaltungswillen, um die positi-ven Ansätze der verschiedenen Entwürfe im Sinne eines praxistauglichen und guten Patien-tenverfügungsgesetzes zusammenzuführen“, kommentiert Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, anlässlich der heutigen Expertenanhörung vor dem Rechtsausschuss. „Kein Entwurf verfügt bislang über die nötige Mehrheit. Um zu einem Gesetz zu kommen, muss eine Brücke gebaut werden zwischen den Grundrechten auf Selbstbestimmung und Integritätsschutz. Denn klar ist: Die augenblickliche Rechtslage ist undurchschaubar und widersprüchlich. Sowohl Pati-enten als auch Ärzte und Richter befinden sich zurzeit im ethischen und juristischen Treib-sand. Wir brauchen dringend ein Patientenverfügungsgesetz, das die strittigen Fragen klärt.“

Aufklärung ist Voraussetzung für Selbstbestimmung

Ein wesentliches Element des Integritätsschutzes hat die Gruppe um Wolfgang Bosbach in ihrem Entwurf berücksichtigt. „Sie hat erkannt, dass Selbstbestimmung ohne Aufklärung kaum möglich ist“, stellt Brysch klar. „Wir wissen aus der Praxis, dass viele Menschen eine diffuse Angst vor ‚Überversorgung und medizinischen Apparaten’ haben und dass sie hospizliche und palliativmedizinische Angebote häufig gar nicht kennen. Erst nach gründli-cher Aufklärung sind sie in der Lage, einen differenzierten Willen zu bilden und wirklich selbstbestimmt zu entscheiden. Patientenverfügungen, die ohne Beratung entstehen, sind hingegen meist von Angst geprägt. In ihnen verfügen Menschen Dinge, die ihrem Willen schlimmstenfalls sogar zuwiderlaufen, weil sie die Konsequenzen ihrer Verfügung nicht überblicken. Davor müssen die Menschen geschützt werden.“

Überbürokratisierung vermeiden

Eine entscheidende Schwäche des Bosbach-Entwurfs ist allerdings seine Überbürokratisie-rung. „Der Vorschlag der Gruppe um Joachim Stünker vermeidet dies und verzichtet auf die von Bosbach vorgesehene notarielle Beurkundungspflicht“, hält Brysch fest. „Gelingt es nun, die guten Ansätze der jeweiligen Entwürfe zu vereinen und wird darüber hinaus noch bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens nachgearbeitet, ist ein in jeder Hinsicht praxis-taugliches Patientenverfügungsgesetz zu erwarten. Um die nötige Brücke bauen zu können, müssen die Abgeordneten allerdings eine wesentliche Unterscheidung treffen können: nämlich die zwischen dem Recht auf Leben, dem Recht auf Sterben und dem Verbot zur Tötung.“ Eine ausführliche Stellungnahme der Deutschen Hospiz Stiftung ist im Internet abrufbar: http://www.hospize.de/docs/hib/Sonder_HIB_01_09.pdf.

Hintergrund

Die gemeinnützige und unabhängige Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung ist die Sprecherin der Schwerstkranken und Sterbenden. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen von über 55.000 Mitgliedern und Förderern.