Pressemeldungen

28.08.2017

Fall Niels H.: Nicht nur größte Mordserie, sondern auch großes Versagen

Der Krankenpfleger Niels H. soll 84 weitere Menschen getötet haben. Das wurde auf der heutigen Pressekonferenz der Polizei und Staatsanwaltschaft Oldenburg zur Entwicklung des Falls bekannt. Hierzu erklärt der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch:

Dortmund. "Der Fall Niels H. wird wohl die größte Mordserie in Nachkriegsdeutschland. Dazu kommt aber auch ein großes Versagen. Sowohl Kolleginnen und Kollegen, Arbeitgeber als auch Polizei und Justiz haben zu lange weggeschaut. Es waren vor allem Angehörige und Journalisten, die die Mauer des Schweigens durchbrochen haben. Aber immer noch machen wir es Tätern in Krankenhaus und Pflegeheim zu leicht. Denn wirksame Konsequenzen wurden bis heute nicht gezogen. In vielen der bundesweit 2000 Krankenhäusern wurden die Kontrollmechanismen nicht verschärft. So fehlt für die meisten Kliniken weiterhin ein anonymes Meldesystem. Whistleblower müssen ihre Beobachtungen aber einer unabhängigen und externen Stelle melden können, ohne Angst vor beruflichen Konsequenzen zu haben. Zudem gilt es, eine Kultur des Hinschauens auf allen Ebenen im Krankenhaus zu verankern - von Pflegekräften über Ärzte bis hin zum Management. Das Thema muss regelmäßig auf die Tagesordnung bei Stations- und Mitarbeiterbesprechungen. Auch ist jedem ernsthaften Verdacht in einem Krankenhaus nachzugehen. Dazu muss ein umfassendes Alarmsystem etabliert werden, das Auffälligkeiten sofort meldet und unverzügliches Einschreiten ermöglicht. Hierzu müssen amtsärztliche Leichenschauen, eine umfassende Sterbestatistik und eine exakte Kontrolle der Medikamentenausgabe in allen Krankenhäusern und Pflegeheimen Pflicht werden."


Hintergrund
Die gemeinnützige Deutsche Stiftung Patientenschutz ist die Sprecherin der schwerstkranken, schwerstpflegebedürftigen und sterbenden Menschen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit verzichtet sie auf Gelder der Leistungserbringer, Krankenkassen und der öffentlichen Hand. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen ihrer 55.000 Mitglieder und Förderer. Mit dem Patientenschutztelefon bietet sie Hilfesuchenden und Betroffenen praktische Unterstützung bei Fragen rund um das Pflegerecht, Pflegeeinstufungen und Pflegemissstände. Ebenso hilft sie bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Palliative Care und Sterbebegleitung, bietet Beratungen und Umsetzung von Patientenverfügungen sowie Hilfe beim Krankenkassenwechsel an. Sie hieß früher Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung.