Pressemeldungen

10.04.2003

Für Schwerstkranke ist

Den Haag / Dortmund. "Die Koalitionsregierung in den Niederlanden legitimiert per Fraktionszwang das unsägliche sozial verträgliche Frühableben", empört sich Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung mit Sitz in Dortmund. Denn das dortige Euthanasie-Gesetz hat jetzt die letzte Hürde passiert, auch die erste Kammer hat ihm zugestimmt. Trotz aller Proteste und Petitionen aus dem In- und Ausland legalisieren die Niederlande das Töten durch Ärzte. Mit der billigen Ausrede, der schwerstkranke Mensch wolle ja gar nicht mehr leben, drängen die Niederlande die Alternativen ins Abseits. "Obwohl Hospizarbeit und Palliativmedizin - die moderne, umfassende Schmerztherapie - für ein menschenwürdiges Leben bis zuletzt sorgen können", berichtet Brysch aus der Praxis.

GAU auf dem Gesundheitssektor

Brysch: "Das Euthanasie-Gesetz ist der GAU des Gesundheitssektors. Aus Tschernobyl haben wir Lehren in der Umweltpolitik gezogen. Jetzt wird es Zeit, aus der Legalisierung der Euthanasie in den Niederlanden Lehren in der deutschen Gesundheitspolitik zu ziehen." Die Deutsche Hospiz Stiftung setzt sich dafür ein, dass das Gesundheitssystem endlich als seinen Dreh- und Angelpunkt den Patienten selbst begreift - und nicht Pfründe und alte Zöpfe von Ärzten, Krankenhäusern, Krankenkassen oder sonst wem. Brysch: "In Deutschland haben die Menschen zu Recht Angst vor dem Sterben. Um das zu ändern sind ausreichende Pflege, menschliche Zuwendung und Palliativmedizin sowie Phantasie notwendig. Und zwar überall."

Zurzeit werden in Deutschland nur etwa 30 000 Menschen pro Jahr von einem Hospizdienst betreut. Doch Jahr für Jahr sterben 850 000. Ob in Pflege- oder Altenhei-men, Krankenhäusern oder Zuhause - menschenwürdiges Sterben muss überall möglich sein. Brysch: "Es ist ein Skandal, dass Menschen nur deswegen per Magensonde ernährt werden, weil die Zeit fehlt, ihnen beim Essen zu helfen." Auch Festbinden am Bett müsste nicht sein, wenn es genügend Personal gäbe, das qualifiziert und engagiert ist. "Ob beim Gang auf die Toilette oder beim Spaziergang auf wackligen Beinen - ohne ausreichende Hilfe werden besonders die alten Menschen erst zu Kranken und schließlich sogar zu abhängigen Schwerstkranken." Deshalb fordert die Deutsche Hospiz Stiftung auch in diesem Bereich eine Kehrtwende des Gesundheitssystems: hin zum Patienten.

Stiftung fordert Umdenken der deutschen Gesundheitspolitik

Dabei geht es nicht um mehr Geld, sondern nur darum, das vorhandene besser zu verteilen. In den letzten eineinhalb Lebensjahren entstehen etwa 70 Prozent der Krankheitskosten. Leider ist es für Patienten meist einfacher, die x-te Chemotherapie oder Operation zu bekommen als Palliativmedizin und qualifizierte Hospizarbeit. Es gilt, Schwerstkranke mit ihren Wünschen endlich überall ernstzunehmen. Sie können, begleitet von qualifizierter Hospizarbeit, ihre letzte Lebensphase in Würde verbringen. Wenn die Alternativen bekannt sind, entscheiden sich die meisten Menschen gegen aktive Sterbehilfe. Das ergab eine Studie des Emnid-Instituts im Auftrag der Deutschen Hospiz Stiftung. Insbesondere sehen es die Betroffenen so.

Brysch: "Die angebliche Liberalisierung der Euthanasie in den Niederlanden ist in Wirklichkeit eine Reformblockade. Anstatt für die dringend notwendige Verbesserung des Gesundheitssystems zu sorgen, zementieren die Politiker bestehende Missstände." Menschen, die ihre Selbstbestimmung auch bei schwerer Krankheit wahren wollen, empfiehlt er, eine Patientenverfügung mit wasserdichten Formulierungen abzufassen. Die nötigen Unterlagen gibt es bei der Stiftung. Damit lassen sich auch Hospizarbeit und Palliativmedizin einfordern.

Die gemeinnützige und unabhängige Deutsche Hospiz Stiftung ist Sprachrohr der Schwerstkranken und Sterbenden. Sie hat 50 000 Förderer und Mitglieder.