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27.04.2014

Mitsprache verweigert - Patientenschützer verklagen Bundesrepublik Deutschland

Berlin/Dortmund. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz will ihr Recht auf Mitsprache im Gemeinsamen Bundesausschuss durchsetzen. Das Bundesgesundheitsministerium lehnte aber einen entsprechenden Antrag ab. Deshalb reichten die Patientenschützer jetzt Klage ein, um die Interessen der Schwerstkranken, Schwerstpflegebedürftigen und Sterbenden wirksam zu vertreten.

Der Gemeinsame Bundesausschuss, auch "kleiner Gesetzgeber" genannt, entscheidet insbesondere darüber, welche Leistungen gesetzlich Versicherte erhalten und welche nicht. Deshalb sieht das Sozialrecht ausdrücklich die Mitwirkung von Patientenvertretern vor. Schließlich soll nicht über die Köpfe der Betroffenen entschieden werden. "Warum das nicht für uns gelten soll, bleibt schleierhaft. Deshalb klagen wir nun", so Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz.

Schon formal sei das Ablehnungsschreiben des Ministeriums mangelhaft. Das Papier beruhe offenbar auf Textbausteinen, die noch nicht einmal sorgfältig bearbeitet wurden, so Brysch. So richte sich der Ablehnungsbescheid nicht an die Deutsche Stiftung Patientenschutz, sondern an eine ganz andere Organisation.

Aber auch inhaltlich seien die Gründe für das Nein aus Berlin nicht nachvollziehbar, kritisiert Brysch. Der Vorwurf, die Stiftung engagiere sich nicht nur für Patienten, sondern auch für Menschen in wirtschaftlicher Not, ist schief konstruiert. Als Stiftung arbeiten wir nicht nur gemeinnützig, sondern darüber hinaus auch mildtätig. Dabei geht es nicht allein um wirtschaftliche Not, sondern um die Hilfe für Schwerstkranke und Sterbende. Wer sollte sonst unkompliziert und schnell die Verfahrenskosten für diese Gruppe tragen? "Jetzt die Mildtätigkeit als Ablehnungsgrund anzuführen, ist unverschämt." Im Übrigen wirkten im Gemeinsamen Bundesausschuss auch andere Organisationen mit, die weder natürliche Mitglieder haben noch auf den alleinigen Zweck begrenzt sind, Patientenvertreter zu sein. Beispielsweise die Verbraucherzentralen mit ihrem breiten Beratungsspektrum.

Wie hanebüchen das Ministerium die Ablehnung konstruiert, wird auch an dem Argument deutlich, die Stiftung habe keine Mitglieder. "Der Begriff der Mitglieder ist im Rahmen der Patientenbeteiligungsverordnung nicht im Sinne des Vereinsrechts (.) zu verstehen", heißt es in der Klageschrift, der Gesetzgeber spreche "ausdrücklich nur von Organisationen". Voraussetzung sei allein die unabhängige Vertretung von Patienteninteressen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erhalte weder öffentliche Mittel noch Krankenkassenleistungen. Tatsächlich werde ihre Unabhängigkeit durch 55.000 Förderer und Mitglieder des Fördervereins garantiert, so der Vorstand.

Brysch bilanziert: "Dieser konstruierte Ablehnungsbescheid des Bundesgesundheitsministeriums ist ein schlechter Versuch, den kritischen Vertretern der Schwerstkranken und Sterbenden den Zutritt zu dem wichtigen Entscheidungsgremium zu verwehren. Deshalb rufen wir das Sozialgericht in Düsseldorf an, dem Sitz der Stiftung, damit ein unabhängiges Urteil darüber gesprochen wird. Die Klage richtet sich aus formalen Gründen gegen die Bundesrepublik Deutschland.

 

Hintergrund

Die gemeinnützige Deutsche Stiftung Patientenschutz ist die Sprecherin der schwerstkranken, schwerstpflegebedürftigen und sterbenden Menschen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit verzichtet sie auf Gelder der Leistungserbringer, Krankenkassen und der öffentlichen Hand. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen ihrer 55.000 Mitglieder und Förderer. Mit dem Patientenschutztelefon bietet sie Hilfesuchenden und Betroffenen praktische Unterstützung bei Fragen rund um das Pflegerecht, Pflegeeinstufungen und Pflegemissstände. Ebenso hilft sie bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Palliative Care und Sterbebegleitung, bietet Beratungen und Umsetzung von Patientenverfügungen sowie Hilfe beim Krankenkassenwechsel an. Sie hieß früher Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung.