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26.11.2000

Niederlande wollen Sterbehilfe legalisieren - Deutsche Hospiz Stiftung fordert Politiker dazu auf, gegen das Gesetz zu stimmen

Den Haag / Dortmund. An das Gewissen der holländischen Politiker appelliert Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung (Dortmund). "Es wäre eine gesellschaftliche Katastrophe und ein politischer Offenbarungseid, wenn das geplante Sterbehilfe-Gesetz tatsächlich verabschiedet würde. Nur herz- und gewissenlose Politiker können für eine Lizenz zum Töten stimmen." Am Wochenende wurde die Debatte des niederländischen Parlaments abgeschlossen, in der über die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe unter bestimmten Voraussetzungen diskutiert wurde. Das Gesetz soll am kommenden Dienstag (28.11.) verabschiedet werden. Brysch verweist auf eine Studie der Erasmus Universität in Rotterdam. Danach ist die angeblich so humane Euthanasie in der Praxis außerordentlich brutal. Bei jedem Vierten, der getötet werden soll, kommt es zu Komplikationen. Und: Immer wieder wachen Opfer aktiver Sterbehilfe aus dem Koma auf - mit schweren Schäden.

Lizenz zum Töten

Bisher ist die aktive Sterbehilfe in den Niederlanden strafrechtlich verboten, wird aber praktisch geduldet. Jährlich sterben dadurch 4000 Menschen, davon 1000, die vorher noch nicht einmal eingewilligt hatten. Sogar kleine Kinder werden unter dem Deckmantel des Mitleids getötet, vom Staat toleriert. "Es ist ein Skandal, dass Ärzte töten anstatt zu helfen", so Brysch. Mit dem neuen Gesetz bekämen sie dafür einen Freifahrtschein - auch für Alzheimer- und Psychisch-Kranke - eine Lizenz zum Töten schwieriger Patienten. Eben solcher, bei deren Behandlung keine Heilerfolge zu erwarten sind, deren qualifizierte Sterbebegleitung aber Geld kostet. Wenn es die legale Möglichkeit zum "sozialen Frühableben" gibt, steigt der Druck auf Schwerstkranke, sie auch in Anspruch zu nehmen. Gegen ihren eigentlichen Willen, nur aus selbstloser Rücksicht auf die Gesellschaft. Brysch warnt davor, den Schwächsten der Gesellschaft diesen Weg zu weisen. "Wohin vom Staat erlaubte Euthanasie führt, sollte nicht nur Deutschen, sondern auch Holländern noch gut im Gedächtnis sein." Außerdem: Der vermeintliche Wunsch nach Sterbehilfe ist meist ein Hilferuf nach menschlicher Zuwendung - so die langjährigen Erfahrungen in der Hospizarbeit.

Palliativmedizin und Hospizarbeit - die Alternativen zur Euthanasie

Straffreiheit bei Sterbehilfe, dagegen sprechen viele Argumente. Vor allem, weil es Alternativen zur Euthanasie gibt. "Auch Sterbende können - begleitet von qualifizierter Hospizarbeit - ihre letzte Lebensphase in Würde verbringen", so Brysch. Nötig sind Pflege, menschliche Zuwendung und eine professionelle Schmerztherapie sowie Zeit und Geld. Wenn die Alternativen bekannt sind, entscheiden sich die meisten Menschen selbst gegen aktive Sterbehilfe. Das ergab eine Studie des Emnid-Instituts im Auftrag der Deutschen Hospiz Stiftung. Danach sind fast zwei Drittel (56,6 Prozent) der Deutschen für den Einsatz von Palliativmedizin - der modernen Schmerzmedizin - und von Hospizarbeit.