Pressemeldungen

22.12.2010

Nur eine Minderheit in Deutschland erhält professionelle Sterbebegleitung/ Demenziell Erkrankte brauchen endlich Zugang zu Palliativ-Angeboten

Berlin. "Über eine halbe Million Menschen in Deutschland bräuchte im letzten Lebensjahr professionelle Begleitung, aber nur etwa 71.000 Menschen bekommen sie in Deutschland. Das ist völlig unzureichend", sagt der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, am Mittwoch in Berlin. Er verweist dabei auf die aktuelle Studie zur Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland, die von der Patientenschutzorganisation jährlich herausgegeben wird.

"Insbesondere in Pflegeheimen ist die Versorgung mit Palliativangeboten - also mit Pflege und Medizin, die nicht mehr heilt, aber die quälenden Symptome bekämpft - unverändert schlecht. Dies betrifft Hunderttausende", beklagt Brysch. Ebenso wird diesen Patienten auch der Zugang zu stationären Hospizen verwehrt. "Leistungserbringer und Kassen haben sich darauf geeinigt, dass alle 709.000 Pflegeheimbewohner Deutschlands keinen Anspruch darauf haben, in ein stationäres Hospiz aufgenommen zu werden", kritisiert Brysch. Der Übergang vom Heim ins Hospiz muss möglich sein. Auch sind palliative Angebote für die 1,2 Millionen demenziell Erkrankten in Deutschland kaum vorhanden. "Das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Ausgerechnet diejenigen, die schon durch Minuten-Pflege vernachlässigt werden, haben keine Chance, lindernde Palliativ-Hilfe zu erhalten."

Deutlich wird das auch an den Zahlen des spezialisierten ambulanten Palliativangebots (SAPV). Lediglich rund 4.000 Patienten wurden im vergangenen Jahr von spezialisierten ambulanten Palliativteams zuhause begleitet. Zwar gibt es seit dreieinhalb Jahren einen Rechtsanspruch auf diese Form der Versorgung, sie ist in Deutschland aber kaum verfügbar, so die Studie. "Das ist nicht hinnehmbar, schließlich wollte der Gesetzgeber hier im Jahr rund 80.000 Menschen versorgen", erklärt der Patientenschützer.

Die Untersuchung "Hospizliche Begleitung und Palliativ-Care-Versorgung in Deutschland 2010" geht davon aus, dass rund 60 Prozent aller Sterbenden in ihren letzten zwölf Lebensmonaten eine professionelle und lindernde Begleitung brauchen. Das entspricht über 500.000 Menschen. Grundlage sind hier Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Tatsächlich aber starben nur rund 23.000 Menschen in einem stationären Hospiz. Etwa 44.000 Schwerstkranke wurden auf einer Palliativstation in einem Krankenhaus behandelt.

Ehrenamtliche Hospizdienste begleiteten zuletzt rund 39.000 Menschen in einem Jahr. Sie konzentrieren sich auf psychosoziale Hilfen - zuhause, in Hospizen, Pflegeheimen oder Krankenhäusern.

Für ihre Studie haben die Verfasser Daten von über 50 Prozent der Hospize, Palliativstationen, ambulanten Palliativteams und Hospizdienste in Deutschland erhoben.

Die vollständige Studie "Hospizliche Begleitung und Palliativ-Care-Versorgung in Deutschland 2010" kann hier abgerufen werden.

Hintergrund

Die gemeinnützige und unabhängige Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung ist die Sprecherin der Schwerstkranken und Sterbenden. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen von über 55.000 Mitgliedern und Förderern und unterhält das bundesweit einzigartige Hospiz- und Patientenschutztelefon sowie die Schiedsstelle Patientenverfügung.