Pressemeldungen

24.08.2014

Organspende: Patientenschützer warnen vor Darwinismus bei Organvergabe

Zu dem Vorschlag des Präsidenten der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz, die Vergabe von Spenderorganen stärker an der Lebenserwartung von Patienten auszurichten als an der Schwere ihrer Erkrankung, erklärt Eugen Brysch:

"Der Qualitätssicherungsbeauftragte der Bundesärztekammer Günther Jonitz legt mit seiner Forderung die Axt an das Transplantationsgesetz. Schließlich sind Erfolgsaussicht und Dringlichkeit die beiden zentralen Kriterien des deutschen Transplantationsrechtes. Der Gesetzgeber hat damit den Kern der Verteilungsgerechtigkeit beschrieben. Bisher müssen beide Kriterien gleichwertig berücksichtigt werden. So soll Willkür vermieden werden. Beabsichtigt die Bundesärztekammer das zu ändern, ist zunächst der Deutsche Bundestag gefordert. Allein das Parlament darf Gesetzte ändern. Damit müssten sich die Abgeordneten auch endlich stärker mit den Details der Verteilung von Lebenschancen beschäftigen und die Regeln festsetzen. Schließlich kann es nicht sein, dass der Starke dem Schwachen bevorzugt wird.

Die Verteilungskriterien werden bisher von der Bundesärztekammer in anderer Weise umgesetzt. So bekommt bei den Lebertransplantationen die Dringlichkeit in der Regel den Vorzug. Damit hatten Manipulationen der Ärzte am Gesundheitszustand des Patienten direkten Einfluss auf die Rangfolge der Warteliste. Wenn jetzt das Pendel zu stark in Richtung voraussichtlicher Lebenserwartung des Patienten zurückschlägt, besteht die Gefahr des Darwinismus. Der Kränkere hätte kaum noch eine Chance, ein Organ zu erhalten. Das würde das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung treffen. Aber ohne das Vertrauen wird die Spendenbereitschaft weiter sinken."


Hintergrund
Die gemeinnützige Deutsche Stiftung Patientenschutz ist die Sprecherin der schwerstkranken, schwerstpflegebedürftigen und sterbenden Menschen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit verzichtet sie auf Gelder der Leistungserbringer, Krankenkassen und der öffentlichen Hand. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen ihrer 55.000 Mitglieder und Förderer. Mit dem Patientenschutztelefon bietet sie Hilfesuchenden und Betroffenen praktische Unterstützung bei Fragen rund um das Pflegerecht, Pflegeeinstufungen und Pflegemissstände. Ebenso hilft sie bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Palliative Care und Sterbebegleitung, bietet Beratungen und Umsetzung von Patientenverfügungen sowie Hilfe beim Krankenkassenwechsel an. Sie hieß früher Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung.