Pressemeldungen

28.07.1999

Sechs Monate neues Betreuungsrecht: Stiftung zieht Bilanz - Medizinische Patientenanwaltschaft nötiger denn je - Warnung vor holländischen Verhältnissen

Der sterbenskranke Patient darf kein Spielball der Interessen sein: weder von Kostendrückern im Gesundheitswesen noch von womöglich fremden Betreuern, die gerichtlich bestätigt, einen Behandlungsabbruch anordnen. Eine menschenwürdige Regelung sollte hier das neue Betreuungsrecht bieten. "Tut es aber nicht", zieht Eugen Brysch, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Hospiz Stiftung, nach sechs Monaten Gültigkeit des neuen § 1904 BGB Bilanz.

Seit Wochen stehen die Telefone in der Dortmunder Geschäftsstelle nicht mehr still. Grund ist die Angst davor, dass es nur noch um Behandlungsabbruch und nicht mehr um menschenwürdige Sterbebegleitung geht, wenn ein Patient sich nicht mehr äußern kann. Die unsichere Rechtslage im § 1904 BGB ist durch zwei konträre Gerichtsurteile zur Kompetenz des Betreuers in existenziellen Fragen aufgedeckt worden (OLG Frankfurt 1998 anders als LG München 1999). Die Deutsche Hospiz Stiftung forderte daher wiederholt von den Justizministern des Bundes und der Länder eine Gesetzesnovelle. Denn § 1904 muss vor "sozialverträglichem Frühableben" schützen. Er darf nicht zum Sterbehilfe-Paragrafen ausgehöhlt werden.

Niederlande: Warnung vor Dammbruch

"Es ist höchst beängstigend, dass in den Niederlanden eine Gesetzesnovelle geplant ist, nach der die Euthanasie dort zukünftig nicht mehr strafbar sein soll. Wir wollen hier keine holländischen Verhältnisse. Der Patient muss geschützt sein vor der Willkür von Angehörigen und vor Kostendruck im Gesundheitswesen", kommentiert Eugen Brysch die Lage.

Als Antwort auf die gegenwärtige Situation empfiehlt die Deutsche Hospiz Stiftung daher, eine Medizinische Patientenanwaltschaft zu verfassen. Sie schützt vor Willkür Dritter und verhindert, dass Sterbehelfer die gesetzliche Grauzone ausnützen können. Denn ein sinnvoller Aspekt des neuen § 1904 ist, dass jeder eine Person seines Vertrauens benennen kann, die einen in medizinischen Behandlungsfragen vertritt, wenn man selbst äußerungsunfähig ist. Dieser "medizinische Patientenanwalt" ist vom Gesetzgeber voll anerkannt. Die Deutsche Hospiz Stiftung hat für die Beratung eine Hotline eingerichtet: 0231 / 73 80 730. Hier kann auch das Dokument angefordert werden.