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07.01.2014

Statistik für 2013 offenbart massive Unterversorgung Sterbender - Politik muss handeln

Berlin. Nur jeder Sechste in Deutschland erhält die professionelle Hilfe, die ihm zusteht, um würdevoll sterben zu können. Auf diesen Missstand macht die Deutsche Stiftung Patientenschutz aufmerksam. Im vergangenen Jahr starben rund 870.000 Menschen in Deutschland. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) brauchen 60 Prozent der Sterbenden in den letzten Lebensmonaten professionelle medizinische, pflegerische und psycho-soziale Begleitung. Das wären 522.000 Schwerstkranke. Tatsächlich erhielten 2013 aber nur 85.000 Sterbende eine solche Hilfe - also nur 16 Prozent. Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz: "Dieses Defizit hat vor allem rein finanzielle Gründe und sollte möglichst schnell beseitigt werden."

Ohne umfassende medizinisch-pflegerische Linderungstherapien, also ohne palliative Hilfe, mussten im vergangenen Jahr 437.000 Menschen sterben. Besonders schwer trifft die Unterversorgung sterbende Menschen in Pflegeheimen, wo immerhin 700.000 Bewohner leben. Sie dürfen weder ihre letzten Lebenswochen in einem Hospiz verbringen, noch erhalten sie eine ausreichende Palliativ-Versorgung im Pflegeheim. Dabei sterben gerade in Heimen jährlich zwanzigmal mehr Menschen als in den knapp 200 deutschen Hospizen. Dieser Widerspruch hat vor allem finanzielle Gründe: Die Krankenkassen zahlen für die Pflege im Heim monatlich 1.300 Euro; die höheren Personalkosten für die Sterbebegleitung finanzieren sie nicht. Die Sozialkassen zahlen für einen Platz im Hospiz hingegen 6.500 Euro im Monat.

Politik muss handeln

"Diese gesetzliche Regelung ist zutiefst ungerecht", betont Patientenschützer Brysch. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz setzt deshalb darauf, dass Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und die Große Koalition die Versorgung neu regeln; das Hospiz-Niveau sollte überall in Deutschland Zielmarke sein. "Das Zwei-Klassen-Sterben muss eine Ende finden", so Brysch. Dabei fordern die Patientenschützer nicht den Bau neuer Hospize oder Palliativstationen. "Einige Inseln mehr lösen die Versorgungsprobleme für die Menschen in ihren letzten Monaten nicht. Vielmehr müssen die Pflegeheime, Krankenhäuser und mobilen Teams so strukturiert und finanziert werden, dass würdiges Sterben überall möglich wird", erklärt Brysch. Viele Menschen in ihrer letzten Lebenszeit brauchen weder aufwendige Therapien noch teure Operationen, sondern umfassende und gute Begleitung. Also 220 Euro am Tag für palliative Hilfe - egal wo der Sterbende lebt.

Hintergrund

Die gemeinnützige Deutsche Stiftung Patientenschutz ist die Sprecherin der schwerstkranken, schwerstpflegebedürftigen und sterbenden Menschen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit verzichtet sie auf Gelder der Leistungserbringer, Krankenkassen und der öffentlichen Hand. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen ihrer 55.000 Mitglieder und Förderer. Mit dem Patientenschutztelefon bietet sie Hilfesuchenden und Betroffenen praktische Unterstützung bei Fragen rund um das Pflegerecht, Pflegeeinstufungen und Pflegemissstände. Ebenso hilft sie bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Palliative Care und Sterbebegleitung, bietet Beratungen und Umsetzung von Patientenverfügungen sowie Hilfe beim Krankenkassenwechsel an. Sie hieß früher Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung.