Pressemeldungen

31.03.2003

"Vollstrecker" unterwegs: Nach Atrott weiterer hochrangiger Sterbehelfer verhaftet - Spur führt nach Deutschland und Kanada

Nach Zyankali ist es nun der "Exit-Beutel": Sieben Jahre nach der Festnahme des damaligen Präsidenten der "Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben" (DGHS), Hans Henning Atrott, wegen aktiver Sterbehilfe durch die Gabe von Zyankali wurde soeben ein weiterer hochrangiger Mitarbeiter der DGHS verhaftet. Dies teilte die Deutsche Hospiz Stiftung am Mittwoch in Dortmund mit. Nach Angaben der Wiener Polizei nahmen die Beamten den 34-jährigen Christof B. fest. Er steht unter dem dringenden Tatverdacht, eine pflegebedürftige und weitestgehend bewegungsunfähige 93-jährige Frau als "Neffe" getarnt aus einem Pflegeheim geholt und ihr einen "Erstickungsbeutel" (einen sogenannten "Exit-Beutel") übergeben zu haben. Ein Teilgeständnis legte Christof B. bereits ab. Wie die Polizei in Wien erklärte, bestehen deutliche Hinweise darauf, dass der 34jährige der alten Dame ein starkes Beruhigungsmittel verabreichte, den "Exit-Beutel" der DGHS, also einen Plastiksack über den Kopf gezogen und damit aktive Sterbehilfe geleistet habe. Lohn des "Vollstreckers", wie er von Polizeikreisen genannt wird: 25.000 Schilling, gut 4.000 Mark.

Kripo-Verdacht: Qualvoller Erstickungstod nur gegen Geldspende

Die Ermittler in Wien hegen einen schaurigen Verdacht: Der Mann könnte in Alten- und Pfegeheimen für die aktive Sterbehilfe geworben haben. Eine mörderische, aber für B. offensichtlich lukrative Werbetour. Neben den 4.000 Mark stellte die Polizei auch noch ein Foto von der Villa der alten Dame sicher. Und wer das Gut und andere Reichtümer der 93-jährigen erben wird, ist laut Kripo noch nicht bekannt. Die Hauptspur führt nach Deutschland. In ihrer Mitgliederzeitung wirbt die DGHS offen für den "Exit-Beutel". So gebe es "authentische Berichte über Einzelfälle, die besagen, dass bei vereinfachter Anwendung das Resultat sehr friedlich, entspannt, kurzfristig und ohne Beschwerden auftritt. Mediziner sind da anderer Meinung: Nach Überzug der Kunststoffhülle setzt ein minutenlanger, qualvoller Erstickungstod ein. Und das ist auch der DGHS bekannt, empfiehlt sie doch die vorherige Einnahme starker Beruhigungsmittel.

Tod kommt für 85 Mark - Devisentransfer von Ettlingen nach Kanada

Und so wird in Deutschland das Geschäft mit dem Tod abgewickelt. Auf das Konto einer Firma in Ettlingen müssen 85 Mark überwiesen werden. Von dort wird die Bestellung zur kanadischen Schwestergesellschaft der DGHS weitergeleitet und der Devisentransfer von der deutschen zur kanadischen Bank abgewickelt. Nach sechs bis zehn Wochen kommt der Tod dann per Post.

Die Deutsche Hospiz Stiftung forderte die DGHS am Mittwoch auf, sofort diese mörderischen Praktiken einzustellen. Der Vorfall mache einmal mehr deutlich, wie wichtig eine europaweite Bewegung gegen aktive Sterbehilfe und einheitliche Rechtsbestimmungen zur Sterbebegleitung seien. Gleichzeitig appellierte sie an alle Menschen in Deutschland und den Nachbarländern, der international ermittelnden Polizei zu helfen und Beobachtungen bezüglich des "Exit-Beutels" mitzuteilen. Die Kripo in Wien ist für sachdienliche Hinweise zu erreichen unter 0043 / 1 878 51 4613.

Bei Rückfragen: Deutsche Hospiz Stiftung, Telefon: 0231 / 73 80 730.