Pressemeldungen

13.10.2017

Welthospiztag: Zu viele Sterbende ohne Begleitung

Der Welthospiztag wird am morgigen Samstag weltweit begangen. Hierzu erklärt der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch:

Dortmund. „Der Welthospiztag muss ein Weckruf sein. Es gilt, die Sorgen und Nöte der Sterbenden in den Mittelpunkt zu stellen. Jährlich sterben hierzulande rund 925.000 Menschen. Aber nur 30.000 Schwerstkranke haben die Chance, in einem der 236 stationären Hospize zu sterben. Hier werden sie umsorgt von spezialisierten Pflegekräften, niedergelassenen Palliativärzten und ehrenamtlichen Hospizhelfern. Rund 430.000 Patienten erleben ihre letzten Tage im Krankenhaus. Auf einer Palliativstation sterben dort aber nur 17.000 Menschen. Für 96 Prozent der Sterbenden in einer Klinik gibt es keine Gewähr, dass in den Sterbestunden eine Fachkraft zur Seite steht. Gerade zur Nachtzeit kümmert sich ein Pfleger nicht selten um mehr als 25 Patienten. Da ist eine würdevolle Begleitung nicht möglich. Noch dramatischer ist die Situation für die jährlich 345.000 Sterbenden in Pflegeheimen. Denn hier ist das Missverhältnis von Pflegekraft zu Bewohnern noch größer. An der Hand eines Menschen zu sterben und Hospizarbeit zu erleben, ist für die meisten Heimbewohner Illusion.

Der Gesetzgeber setzt darauf, viele Lücken durch Ehrenamtliche zu schließen. Wie das mit rund 40.000 freiwilligen Helfern möglich sein soll, sagt Bundesminister Gröhe aber nicht. Aktuell leisten sie bereits 50.000 Sterbebegleitungen im Jahr. Das ist eine wertvolle Hilfe. So werden aber nur 5,4 Prozent der Sterbenden und ihre Angehörigen erreicht. Es ist gut, dass jetzt jeder ehrenamtliche Hospizdienst je Sterbebegleitung bis zu 2.100 Euro erhält. Doch Bund und Länder müssen sich der Realität stellen. Denn es ist unmöglich, weitere 800.000 Ehrenamtliche aus dem Hut zu zaubern. Deshalb braucht Deutschland dringend mehr professionelle und mobile Palliativteams. In den letzten zehn Jahren ist hier ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Heute leisten diese Palliativteams knapp 50.000 Sterbebegleitungen. Doch bisher gibt es kein wirksames Konzept, jedem Sterbenden die Fürsorge zu garantieren, die er benötigt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass 60 Prozent der Sterbenden in einem Industrieland eine palliative Versorgung benötigen. In den Koalitionsverhandlungen wird es darauf ankommen, die palliative und hospizliche Versorgung für jährlich eine halbe Millionen sterbende Menschen zu sichern. Ein verbindlicher Fahrplan für die nächsten zehn Jahre ist notwendig. Der Welthospiztag darf nicht nur Leistungsschau des Erreichten sein.“


Hintergrund
Die gemeinnützige Deutsche Stiftung Patientenschutz ist die Sprecherin der schwerstkranken, schwerstpflegebedürftigen und sterbenden Menschen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit verzichtet sie auf Gelder der Leistungserbringer, Krankenkassen und der öffentlichen Hand. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen ihrer 55.000 Mitglieder und Förderer. Mit dem Patientenschutztelefon bietet sie Hilfesuchenden und Betroffenen praktische Unterstützung bei Fragen rund um das Pflegerecht, Pflegeeinstufungen und Pflegemissstände. Ebenso hilft sie bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Palliative Care und Sterbebegleitung, bietet Beratungen und Umsetzung von Patientenverfügungen sowie Hilfe beim Krankenkassenwechsel an. Sie hieß früher Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung.