Pressemeldungen

11.06.2015

Zwei-Klassen-Sterben beenden - Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert Recht auf hospizliche Versorgung auch für Pflegeheimbewohner

Berlin. Das Zwei-Klassen-Sterben in Deutschland muss ein Ende haben. Pflegeheimbewohner sollen am Lebensende ebenso gut versorgt werden wie Sterbende im stationären Hospiz. Deshalb fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz die Bundesregierung und den Bundestag auf, für die jährlich 340.000 sterbenden Pflegeheimbewohner einen eigenen Anspruch auf Hospiz-Leistungen festzuschreiben. Für die praktische Umsetzung hat die Stiftung ein Modell entwickelt.

„Das Zwei-Klassen-Sterben muss ein Ende haben“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch heute in Berlin. Denn in den rund 220 stationären Hospizen werden pro Jahr etwa 25.000 Sterbende versorgt. Pro Sterbenden im Hospiz wenden die Sozialkassen bis zu 6.500 Euro im Monat auf. Demgegenüber stehen etwa 200.000 sterbende Pflegeheim-Bewohner mit palliativem Bedarf. Hier zahlen die Sozialkassen rund 5.000 Euro weniger. „Wir wollen diese Schere schließen“, so Brysch, „denn der Versorgungsbedarf von sterbenden Menschen, die palliative Sterbebegleitung benötigen, ist überall gleich - ob zuhause, im Hospiz oder im Pflegeheim.“

Anspruch im Sozialgesetzbuch verankern
Auch mit dem neuen Entwurf eines Hospiz- und Palliativgesetzes der Bundesregierung wird sich die Versorgung Sterbender in Pflegeheimen nicht entscheidend verbessern. Damit hier rasch das Niveau der stationären Hospizbegleitung erreicht wird, wollen die Patientenschützer einen eigenen Anspruch auf Hospizleistungen im Pflegeheim im Sozialgesetzbuch verankern (§ 39a Abs. 1 SGB V). Den Anspruch soll ein Arzt für zunächst vier Wochen feststellen und bei Bedarf verlängern. Das ist in den Hospizen Praxis. Die durchschnittliche Sterbebegleitung in einem Hospiz dauert 18 Tage.

Den Schlüssel zu einer guten Versorgung sieht die Stiftung im Personal. Es brauche ausreichend examinierte Fachkräfte mit Palliative-Care-Qualifikation sowie einen Personalschlüssel von 1,2 Pflegekräften pro Sterbenden, um einen Menschen in dessen letzter Lebensphase würdevoll zu begleiten. Dafür soll jedes Pflegeheim über einen Pool von Gesundheits- und Krankenpflegern, Altenpflegern und Krankenpflegehelfern verfügen, von denen alle auch in Palliative Care weiterqualifiziert sind. Aus diesem Pool begleitet ein Palliative-Care-Team Sterbende nach dem jeweiligen Bedarf im Hause. Niedergelassene qualifizierte Ärzte, Seelsorger, Psychologen ergänzen das Angebot. Wie im Hospiz sollen SAPV-Teams und ehrenamtliche Helfer hinzugezogen werden können. Für Bewohner, die in Einrichtungen mit weniger als 25 Plätzen leben, schlagen die Patientenschützer vor, den Zugang zum stationären Hospiz zu öffnen. Das betrifft etwa 1.850 Pflegeheime.

Etwa 200.000 Sterbende betroffen
Eine solche hospizlich-palliative Versorgung benötigen nach Berechnung der Deutschen Stiftung Patientenschutz jährlich etwa 200.000 Pflegeheimbewohner. Per Saldo würden die Kosten der Krankenkassen etwa 728 Mio. Euro betragen.

Die aktuellen Beratungen des Hospiz- und Palliativgesetzes der Bundesregierung bieten nach den Worten von Brysch „die beste Chance, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen“. Auch im Pflegeheim palliativ versorgt - würde sich diese Erkenntnis durchsetzen, wäre auch ein wichtiges Signal für die Debatte über die Suizidbeihilfe in Deutschland gesetzt.

Hintergrund
Die gemeinnützige Deutsche Stiftung Patientenschutz ist die Sprecherin der schwerstkranken, schwerstpflegebedürftigen und sterbenden Menschen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit verzichtet sie auf Gelder der Leistungserbringer, Krankenkassen und der öffentlichen Hand. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen ihrer 55.000 Mitglieder und Förderer. Mit dem Patientenschutztelefon bietet sie Hilfesuchenden und Betroffenen praktische Unterstützung bei Fragen rund um das Pflegerecht, Pflegeeinstufungen und Pflegemissstände. Ebenso hilft sie bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Palliative Care und Sterbebegleitung, bietet Beratungen und Umsetzung von Patientenverfügungen sowie Hilfe beim Krankenkassenwechsel an. Sie hieß früher Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung.