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26.06.2014

Organspende: Gericht wies Klage einer Dialyse-Patientin ab

München. Mit der heutigen Entscheidung zum Recht von Patienten auf der Organtransplantations-Warteliste hat das Verwaltungsgericht München den Verwaltungsrechtsweg grundsätzlich geöffnet. Jedoch wurde die Klage einer Patientin als unzulässig abgelehnt, da das „Feststellungsinteresse der Klägerin“ fehle.

In dem Fall ging es um eine 45-jährige Frau, die gegen das Transplantationszentrum der LMU München klagte. Die Ärzte der Uni-Klinik haben nach Ansicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz die Dialyse-Patientin willkürlich von der Warteliste zur Nierentransplantation gestrichen.

Das Gericht begründete seine Entscheidung am 26. Juni 2014 wie folgt:

Die Klägerin habe heute durch die zwischenzeitliche Transplantation an einem anderen Zentrum keine Nachteile mehr. Somit bestehe auch kein Interesse an ihrer juristischen Rehabilitation. Ein Wunsch nach Genugtuung reiche nicht aus.

Somit befasste sich das Gericht nicht mit der Rechtmäßigkeit der Ablehnung wegen fehlender Verhaltensweisen (Compliance) durch das Klinikum der LMU München. Ebenso lehnte das Gericht die Vernehmung der Klägerin und der geladenen Zeugen ab.

Nach Ansicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz bleiben folgende Fragen unbeantwortet:

Wie kann Rechtssicherheit für die 11.000 schwerstkranken Menschen auf der Warteliste geschaffen werden?

Ebenso bleibt offen, welche verbindlichen Regeln deutschlandweit für die Aufnahme gelten.

Ungeklärt ist auch, in welcher Weise sich Patienten zu verhalten haben, um Ihren Status auf der Warteliste nicht zu gefährden.

Zudem stellt sich die Frage, ob es rechtmäßig ist, dass das Verhalten von Angehörigen auf die Wartelisten-Entscheidung Einfluss hat.

Offen bleibt die Verbindlichkeit der Compliance-Regeln für alle deutschen Transplantationszentren und in welcher Weise Abweichungen von diesen Regeln vermieden werden können.

 

Fakten zum Verfahren

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz unterstützt in München eine 45-jährige Klägerin aus Süddeutschland. Die Frau litt seit 2002 an einer Autoimmunerkrankung und war auf die Dialyse angewiesen. Im Jahr 2009 wurde sie Patientin des Transplantationszentrums München und stand seit März 2010 auf der Warteliste zur Nierentransplantation. Wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes entschied sich der Ehemann, seiner Frau eine seiner Nieren zu spenden. Nach Absprache mit der Beauftragten für Lebendspenden am Klinikum reiste das Ehepaar zu einem Untersuchungs- und Gesprächstermin im Juni 2012 nach München. Zunächst wurden dem Paar mehrere Blutproben entnommen. Im anschließenden Gespräch erklärte der Chirurgische Leiter den Eheleuten überraschend, dass er eine Lebendspende wegen der Risiken für den Ehemann grundsätzlich ablehne. Ohnehin habe die Patientin wegen ihrer langen Wartezeit gute Aussichten auf eine Organspende. Enttäuscht reiste das Ehepaar wieder aus München ab. In den folgenden Wochen bemühte sich der Ehemann über mehrere E-Mail-Kontakte die Frage zu klären, ob er überhaupt als Spender für seine Frau in Frage komme. Schließlich erfuhr er, dass die Blutuntersuchungen gar nicht erfolgten, weil die Klinik eine Lebendspende ablehnte. In einem weiteren Schreiben bat der Ehemann nun den Chirurgischen Leiter um Aufklärung. Da in der Vergangenheit bereits einige seiner E-Mails unbeantwortet geblieben waren, lautete der letzte Satz an den Leitenden Arzt: "Ich nehme an, dass ich mich mit der Beantwortung meiner Fragen nicht an die Klinikleitung bzw. die Kassenärztliche Vereinigung wenden muss." Diese Worte legte ihm die Klinik als "unverholende Drohung" aus, weshalb eine vertrauensvolle Behandlung seiner Ehefrau "an unserem Zentrum nicht mehr möglich" sei. Trotz einiger Bemühungen des Ehemannes, zu einer gütlichen Klärung zu kommen, blieb die Klinik bei ihrem Standpunkt und riet der Ehefrau, sich eine andere, näher zu ihrem Wohnort gelegene Klinik zu suchen. Dort wurde ihr im Dezember 2013 eine Spenderniere transplantiert. Die offenen Fragen der Verhaltensregeln sollten auf Grundlage dieses Schicksals wegen der grundsätzlichen Bedeutung für alle 11.000 Patienten auf der Warteliste überprüft werden.

 

Hintergrund
Die gemeinnützige Deutsche Stiftung Patientenschutz ist die Sprecherin der schwerstkranken, schwerstpflegebedürftigen und sterbenden Menschen. Zur Wahrung der Unabhängigkeit verzichtet sie auf Gelder der Leistungserbringer, Krankenkassen und der öffentlichen Hand. Sie finanziert sich ausschließlich aus Spenden und Beiträgen ihrer 55.000 Mitglieder und Förderer. Mit dem Patientenschutztelefon bietet sie Hilfesuchenden und Betroffenen praktische Unterstützung bei Fragen rund um das Pflegerecht, Pflegeeinstufungen und Pflegemissstände. Ebenso hilft sie bei der Durchsetzung des Anspruchs auf Palliative Care und Sterbebegleitung, bietet Beratungen und Umsetzung von Patientenverfügungen sowie Hilfe beim Krankenkassenwechsel an. Sie hieß früher Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung.